Chinas Machtzentrum: Das Politbüro versammelt die Führungsspitzen von Partei, Staat und Armee
Wenn am 18. Oktober 2.300 Delegierte zum 19. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas (KPC) zusammenkommen, steht die Wahl eines neuen Zentralkomitees ganz oben auf der Tagesordnung. Das 19. Zentralkomitee wird dann am Tag nach dem Ende des Parteitags die obersten Entscheidungs- und Führungsorgane der KPC bestimmen: das Politbüro und dessen Ständigen Ausschuss.
Seit Xi Jinpings Amtsantritt als Generalsekretär der KPC im November 2012 hat das politische System Chinas tiefgreifende Veränderungen erfahren. Dennoch dürften die meisten Ämter, die in diesem China Mapping abgebildet sind, auch im nächsten Politbüro vertreten sein.
Die Zahl der Sitze im Politbüro schwankte in den vergangenen 25 Jahren zwischen 22 und 25 (seit 2007). Der Ständige Ausschuss des Politbüros wurde 2012 von neun auf sieben Mitglieder verkleinert. Die Vizepremiers des Staatsrats, die beiden Vize-Vorsitzenden der Zentralen Militärkommission (ZMK), der Leiter der Propaganda-Abteilung und der Parteisekretär von Beijing hatten seit 1992 stets einen Sitz in dem mächtigen Entscheidungsgremium. Es kann davon ausgegangen werden, dass dies weiterhin der Fall sein wird. Die Frage, wer die Portfolios bekleiden wird, ist diesmal allerdings besonders schwer zu beantworten.
Beobachter konnten in der Vergangenheit auf ungeschriebene Regeln zurückgreifen, um den Kreis der aussichtsreichen Kandidaten einzugrenzen. Dabei erwies sich das Alter als wichtiger Indikator: Mitglieder des Politbüros und des Ständigen Ausschusses, die zum Zeitpunkt des Parteitags das 68. Lebensjahr erreicht hatten, wurden bislang in die Rente geschickt.
Wenn diese Regel weiterhin angewandt wird, müssten im Oktober elf der 25 Sitze im Politbüro und fünf der sieben Sitze in dessen Ständigen Ausschuss neu vergeben werden. In der Vergangenheit wurden neue Mitglieder des Politbüros zudem ausschließlich aus dem scheidenden Zentralkomitee rekrutiert. Für eine Beförderung in den einflussreichen Ständigen Ausschuss kamen bislang nur Mitglieder des Politbüros in Frage. Mitglieder des Politbüros können wiederum auch in Schlüsselpositionen aufsteigen, ohne einen Sitz im Ständigen Ausschuss der KPC zu erlangen. Ein Beispiel ist Zhang Dejiang: Der frühere Parteisekretär von Guangdong wurde kurz nach dem 17. Parteitag 2007 zum Vize-Ministerpräsident ernannt.
Manches deutet darauf hin, dass Staats- und Parteichef Xi Jinping auf dem im Oktober beginnenden Parteitag zumindest teilweise mit der etablierten Praxis brechen wird. Das zeigt sich etwa in der Ernennung seines engen Vertrauten Cai Qi zum Parteisekretär von Beijing. Obwohl Cai nicht einmal stellvertretendes Mitglied des 18. Zentralkomitees ist, gilt es als wahrscheinlich, dass er als Parteisekretär der Hauptstadt ins Politbüro aufsteigen wird.
Unter der Führung Xis ist es nahezu unmöglich, Vorhersagen über die Zusammensetzung des Politbüros und des Ständigen Ausschusses zu treffen. Viel diskutiert wird unter China-Beobachtern zurzeit die politische Zukunft von Ministerpräsident Li Keqiang und Anti-Korruptionszar Wang Qishan. Offen ist zudem, ob Xi im Herbst seinen Nachfolger designieren wird. Er wird jedenfalls versuchen, so viele loyale Verbündete wie möglich in einflussreiche Politbüro-Positionen zu befördern. Ob ihm das gelingt, wird viel darüber aussagen, wie groß sein Einfluss im politischen Machtgefüge Chinas wirklich ist.